TORBEN LAIB

 

25|08 - 23|09|2023

 



Torben Laib arbeitet mit konzeptuellen Ansätzen im Bereich der klanglichen und räumlichen Künste. Neben Klanginstallation und Klangperformances entstehen Objekte, Rauminstallationen und Grafiken. Meist entwickelt er seine zeitbasierten Arbeiten ausgehend von Situationen, Orten und Geschichten. Für das Kunsthaus BBK in Braunschweig entsteht eine komplexe Installation, die in ihren einzelnen Elementen Berührungspunkte untereinander erzeugt. Der abstrakte, kryptisch wirkende Titel verweist dabei sowohl auf klangliche Notationen, Auf- und Abstieg, An- und Abtreten, Auf- und Rückbau sowie Up-, Down- und Recycling. Ortspezifische Setzungen treffen auf zeit- und raumbasierte Überlegungen. Als Plattformen verbindendes Element fungiert das Bild der Treppe, das im Kunsthaus BBK physisch vertreten ist. Das Aufsteigen auf ein anderes Level, das Erklimmen von Stufen entspricht etwa dem Gedanken einer Entwicklung, eines Vorankommens. Der Blick von oben herab scheint immer machtvoll zu sein. Der Blick von unten nach oben drückt häufig Hilfsbedürftigkeit oder Ehrfurcht aus. Das Herabsteigen der Stufen entspricht hierarchisch einer Degradierung, einem Nachgeben und kann als Sinnbild des Alterns gelesen werden. So jung wie das Haus betreten wird, tritt man nicht wieder heraus. Im Kontext der Ausstellung fungiert die Treppe des Kunsthauses als Klangkörper und wird kompositorisch mit Magnethämmern bearbeitet. Der hierdurch entstehende Klang breitet sich auf beide Ebenen des Kunsthauses aus und verknüpft diese zwei durch den Luftraum verbundenen Plateaus akustisch. Phonetisch erinnern die Begriffe „Treppe“ und „Stufe“ an das Geräusch, welches beim Begehen eben dieser entsteht. Nebenbei ist die Treppe das erste, was nach Betreten des Hauses visuell und körperlich ein gegenüber zu den Rezipienten bildet. Sie schafft nicht nur eine Verbindung, sie ist auch das Zentrum des Hauses. Vor der Treppe stehend öffnet sich zur linken ein Raum, der sich durch Fensterlosigkeit auszeichnet und dadurch in Dunkelheit gehüllt ist. Darin ist eine kinetisch-akustische Arbeit zu entdecken, die aus einem alten Photovergrößerer entstanden ist. Der ursprüngliche Gleichstrommotor der Apparatur ist mit einem neu eingebauten Schalter versehen, der durch seine eigene Bewegung mittels eines minimalen Eingriffs eine Umpolung erfährt. Hierdurch wird eine Linse stetig auf- und abbewegt, die eine LED-Spirale im Inneren der Maschine räumlich abscannt und scharf beziehungsweise unscharf stellt. Platziert auf einem stählernen Sockel wird das Bild an die Decke projiziert. Beim Umschalten des Motors wird zusätzlich ein dem Objekt assozierter, polternd rollender Klang ausgelöst, der ähnlich dem Photovergrößerer eine zeitliche Dehnung erfahren hat. Kombiniert wird die Arbeit mit Kugelschreiberzeichnungen von Ohrmuscheln mehrerer Politiker:innen und Schnecken in Streichholzschachteln. Die Schnecke wird wissenschaftlich gerne als nicht hörendes Lebewesen bezeichnet. Sie besitzen keine Ohröffnungen wie viele andere Tierarten, stattdessen befindet sich in ihrem Inneren eine Kammer mit Steinchen, die Vibrationen aufnimmt und für Gleichgewicht sorgt. Die so genannte Cochlea, auch Hörschnecke genannt, befindet sich im Inneren des menschlichen Gehörgangs und bildet ein Pendant zu den vermeintlich gehörlosen Tieren.Der nachfolgende Raum, der sich zum Garten hin öffnet, ist an der Wand mit Platinen übersät. Über mehrere Jahre wurden diese aus teilweise defekten elektronischen Geräten ausgebaut. Sämtliche entlötbare Bauteile sind dieser Plantage entnommen worden, um sie später wieder in neu gedachte Platinen zu überführen. Die Platinenen hängen wie eine Kartographie an der Wand. Eine Zeitlichkeit ist den Platinen im doppelten Sinne eingeschrieben. Einige simpel aufgebaute entspringen dem letzten Jahrhundert, während gut erkennbar die Platinen mit immer kleiner werdenden Bauteilen näher an dem jetzigen Zeitpunkt liegen. Die andere Zeitlichkeit steckt in dem Prozess der Bauteilernte. In dem Raum, in dem sich auch das Büro des Hauses befindet, drehen sich zwei einer älteren Arbeit entnommen Miniaturwendeltreppenelemente gegenläufig und laden ein sich selbst in Zeit und Raum zu verorten. Kombiniert ist diese Arbeit mit einem scheinbar niemals endenden Video, das Zahnräder in ihrer Bewegung darstellt. Das Bild des Ouroboros, der ewigen Wiederholung schwebt gedanklich mit. Sobald der Raum betreten wird schaltet sich eine akustische Wiederholungsschleife ein. Die Zeile „if you find earth boring / just the same old same thing“ aus Sun Ras Spielfilm „Space is the place“ rhythmitisiert die Bewegung des Videos und der kinetischen Skulptur. Vielleicht ist es weniger die Frage, ob sich die Welt nicht verändert, als deren Bewohner:innen, die sich im ewig gleichen Trott verhaftet fühlen. Im oberen Stockwerk befinden sich einige Ecken und Nischen, die durch Klappen und Türen nicht einsehbar sind. Diese versteckten Räume sind mit Lautsprechern versehen, die geisterhaftes Knarren und Quietschen von sich geben. Eine physische Präsenz evoziert durch Klang. Ähnlich dem Prinzip eines Horrorfilmes entfalten die Geräusche ihre Kraft durch das nicht Sichtbare. Die Beschäftigung mit dem Recycling alltäglicher Elektronikprodukte gipfelt in den oberen beiden Räumen. Drucker, CD-Player, DVD-Player, Bildschirme, Kaffemaschinen, Radios und ähnliche Gerätschaften sind in alle Einzelteile zerlegt worden. Aus dem Prozess heraus entstand eine Sammlung schwarzer Kunststoffbauteile und ausgebauter Lautsprecher, welche nun zu einer Art architektonischem Gebilde zusammengesetzt wurden. Mit einer Kupferspirale eines Induktionsherdes wurden elektromagnetische Felder im Stadtraum aufgenommen, die nun aus dem Inneren des Gebildes klanglich zu vernehmen sind.

 

Torben Laib wurde 1990 in Volda, Norwegen geboren.
2011 – 2016 Studium Bildhauerei – Muthesius Kunsthochschule, Kiel
2017 – 2020 Studium Klangkunst – Hochschule für bildende Künste, Braunschweig
2020 Diplom Freie Kunst

Zahlreiche Ausstellungen und Auszeichnungen